Traditionen

Bräuche und Traditionen

Wer nicht von dreitausend Jahren sich weiß Rechenschaft zu geben,

bleib im Dunkel unerfahren,

mag von Tag zu Tage leben. (Johann Wolfgang von Goethe)

Besseres kann kein Volk vererben

Als ererbten Väterbrauch.

Wo des Landes Bräuche sterben,

stirbt des Volkes Blüte auch. (Volksgut)

Ob man nun den Spruch des weisen Gelehrten oder die Weisheit des Volkes zugrunde legt – beide Zitate drücken dasselbe aus. Bräuche sind Volksgut, ja ein Stück Kultur. Einmalig für eine Region, unverwechselbar und notwendig. Sie spiegeln das wider, was sich ein Volk, eine Region, eine Kulturlandschaft über Jahrhunderte erarbeitet und bewahrt hat. Ob Mundart, Liedgut, Moden oder praktische Handlungen – Bräuche “verraten” etwas von Traditionsbewusstsein, Identität und Einsatz für eine gewisse Heimatregion, für Menschen und deren Ort.

Wenn wir von “Brauchtum” reden, ist zumeist von “Volksbrauchtum”, religiösem oder ländlich-bäuerlichem Brauchtum die Rede. Bräuche sind im Volk “gewachsen”, nicht verordnet. Bräuche werden “gebraucht”, besser gesagt angewendet, um mit ihrer Hilfe gewisse Dinge symbolisch oder in der Praxis zu erklären. Außerdem haben sie den hohen Stellenwert, zur Sozialisierung beizutragen und damit einen wichtigen Dienst für die Allgemeinheit wahrzunehmen.

“Brauch ist, was die Sitte verlangt”, sagte früher der Volksmund. Also trug man im Todesfall Trauerkleidung, lüftete zum Gruß den Hut, beglückte Kinder am ersten Schultag mit einer Bonbontüte, tauschte zur Verlobung die Ringe und sang Mundartlieder, wenn es um das Erbitten einer Gabe ging. Somit brauchte ein Brauch auch immer ein Stück Öffentlichkeit, denn er war und ist nie Selbstzweck, sondern er macht nur im Kontext mit anderen Menschen Sinn.

Bräuche wurden und werden zumeist durch Feste im Jahreskreislauf vorgegeben: Fastnacht, Ostern, Johannisfeuer, Kirmes, Allerheiligen, Advent und Weihnachten, um nur wenige zu nennen, waren Hochfeste des ländlichen Brauchtums. Hinzu kamen familiäre Anlässe wie die Geburt eines Kindes, die Konfirmation, Hochzeit und Tod eines Menschen.

Eine Brauchhandlung wurde oder wird vollzogen, “weil es immer so war”. Ohne Reflexion wurden Bräuche übernommen und weitergepflegt. So kam es dazu, dass heutzutage die wenigen Brauchträger oft nicht erklären können, woher der Brauch kommt oder was er symbolisiert. Martins singen,